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Misteln und Vögel profitieren voneinander. Im Winter ernähren sich viele Vogelarten, besonders die Misteldrossel, von den Früchten und Samen des Halbparasiten. Und die Mistel ist für die Verbreitung und Keimung ihrer Samen auf die Vögel angewiesen. Foto: pixabay

Verband & Politik | ZeitschriftenLesezeit 4 min.

Klimaveränderung fördert die Verbreitung der Misteln

Beobachtungen in der Schweiz und im nahen Ausland zeigen, dass sich der Halbschmarotzer ausbreitet. Besonders geschwächte Bäume sind betroffen. In einigen Regionen Deutschlands ist die Rede von einer Zunahme um 30 Prozent.

Sarah Sidler | Bereits vor der letzten grossen Eiszeit waren Misteln in Europa vertreten. Die Halbparasiten haben sich über grosse Zeiträume verschiedensten Wirtsbäumen angepasst: Auf rund 40 Baumarten siedelten sie sich an. Laut der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) häufen sich seit Ende der Sechzigerjahre in der Schweiz, aber auch in den benachbarten Ländern Meldungen über eine Zunahme von Misteln an Tannen und Föhren. Die Mistel hat sich offenbar im Bündner Rheintal und im Wallis ausgebreitet. In den Waldföhrenwäldern des Wallis kamen Misteln bis um die Jahrhundertwende kaum oberhalb von 1000 Metern über Meer vor. Heute gedeiht sie auch 500 Meter höher. Die immergrüne Pflanze ist relativ temperaturempfindlich, mag keinen tiefen Frost und benötigt zum Auskeimen im Frühsommer eher milde Temperaturen. Offenbar profitiert sie von der Klimaerwärmung.

Leider liegen weder dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) noch der WSL oder der Berner Fachhochschule, Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL), Zahlen zum Vorkommen der Mistel in der Schweiz vor. In Deutschland hingegen spricht man in einigen Regionen von einer Zunahme um rund 30% an Laub- oder Kiefermisteln. Dies schreibt die «Süddeutsche Zeitung». Modellierungsstudien zeigen, wie sich das Verbreitungsgebiet weiter nach Norden, Osten sowie in die Berge Deutschlands vergrössern könnte. 

Für die Verbreitung und Keimung ihrer Samen ist die Pflanze auf Vögel angewiesen. Zupfen diese die Beeren aus der ledrig-zähen Fruchtwand, können die Mistelkeimlinge nach aussen durchdringen. Weil die Mistelbeeren nur kurz im Verdauungstrakt der Vögel bleiben, werden sie kaum über grössere Distanzen transportiert. Im Gegensatz zur landläufigen Meinung sind die Mistelsamen zur Keimung aber nicht auf das Durchlaufen des Verdauungstraktes der Vögel angewiesen, schreibt waldwissen. net. 

Durch die Klimaerwärmung haben sich Vogelzüge verschoben. Eventuell könnte auch dies Auswirkungen auf die Verbreitung der Misteln haben. Derzeit wird eine Studie dazu aufgegleist, deren Ergebnisse 2026 vorliegen sollen.

Das Mass macht es aus

Kommen die Samen durch die Losung der Vögel auf potenzielle Wirtsbäume, beginnen sie nach einer erfolgreichen Samung ab März zu keimen. Dies geschieht oft auf jungen Wirtszweigen in den Baumkronen, denn die Mistel ist licht- und wärmeliebend. Während der Keimung krümmt sich der Keimstengel und dringt in die Rinde des Wirtsbaumes. Es kann einige Wochen dauern, bis der sogenannte Senker die Rinde durchwachsen hat. Kommt der Senker durch die Rinde, entwickeln sich von ihm aus Rindenstränge. Über diese entnimmt die Mistel dem Baum Wasser und darin gelöste Nährstoffe, sodass er mit der Zeit oberhalb der Mistel dürr werden kann. Es ist also möglich, dass Misteln den Höhen- und Durchmesserzuwachs der Bäume beeinträchtigen. Laut forestbook.info wehrt ein vitaler Wirtsbaum den Befall jedoch ab, indem das Holz den Senker überwallt. Mistelbefall ist also an weniger vitalen Bäumen wahrscheinlicher. Durch Trockenheit oder Insektenbefall geschwächte Bäume sind besonders gefährdet, was laut der WSL bei stark befallenen Föhren im Wallis zu beobachten ist. Sind Bäume stark von Misteln besetzt, verringert sich ihre Holzproduktion. Bei starkem Mistelbefall können laut forestbook.info Bäume sogar absterben. Besonders die Tanne zeige sich sehr empfindlich Misteln gegenüber. Im Normalfall schaden einzelne Misteln jedoch nicht. Es gibt sogar Stimmen, die behaupten, dass sie Bäume dabei unterstützen, besser mit Elektrosmog und negativen geophatischen Einflüssen umzugehen. Misteln wachsen langsam, können aber einen Durchmesser von bis zu einem Meter erreichen. Der geometrische Wuchs verleiht ihnen selbst bei Stürmen Stabilität in der Krone.

Als der Obstbau noch eine wichtigere Rolle in hiesigen Breitengraden spielte, wurden Misteln regelmässig von den Apfel- und Birnenbäumen entfernt. Besonders in Deutschland verwahrlosen alte Plantagen aber zunehmend. Auch dies könnte ein Grund zur Verbreitung der Halbparasiten sein. Eine Bekämpfung der Mistel im Wald ist jedoch nicht wirtschaftlich. Das Gegenteil ist der Fall: Misteln sind besonders im Winter als Dekoration gefragt und können als zusätzliche Einnahmequelle dienen. 

Starke Heilpflanze

Zudem verfügt die immergrüne Pflanze über Heilkräfte, sodass sie in der Krebs-
therapie begleitend eingesetzt wird. Laut der «Schweizer Hausapotheke» verwendet man die jungen Sprossen in der Gemmotherapie. Das Mazerat sei krampflösend, beruhigend, reguliere den Blutdruck, die Blutfett- und Cholesterinwerte, stärke den Herzmuskel, tonisiere, sei harntreibend und stoffwechselanregend. So helfe es bei nervösen Herzbeschwerden, Schwindel, Ohrensausen, Migräne, lindere Wechseljahrbeschwerden, aber auch rheumatische Krankheiten. Es baue auf bei Immunschwäche und chronischer Müdigkeit nach einer Infektionskrankheit, helfe bei Stresskrankheiten und lindere
Fieberkrämpfe bei Kindern.

 

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